Delegiertenversammlung ZPV

Viele Velos, viel Ärger fürs Zugpersonal

Die Liste der Punkte, die das Zugpersonal mit der SBB unbedingt klären will, ist lang. Sie reicht von schwankenden Doppelstockzügen bis zur Doppelbegleitung nach 22 Uhr. Am meisten zu reden gab in der Delegiertenversammlung aber der Ansturm der Velos.

Erstmals konnte der vor einem Jahr gewählte Zentralpräsident Ralph Kessler direkt zu seinen Delegierten sprechen. Gleich einleitend betonte er, dass es in dieser Zeit wirklich viele Fragen gegeben habe, die er den Führungsstellen bei der SBB auf den Tisch gelegt habe. Und Corona gehört da noch nicht einmal dazu, obwohl er betonte, dass das Personal auf den Zügen für seinen Einsatz eindeutig etwas zu gut habe. «Wir konnten nicht in irgendeinem Ferienparadies Homeoffice machen», betonte er mit einem Augenzwinkern.

SBB unkooperativ

Im Überblick über die SBB-Geschäfte sprach er die Messungen in den Bombardier-Doppelstockzügen an, die nicht dem entsprechen, was das Zugpersonal bei der Arbeit empfindet. Grossen Ärger verursachte die Umwandlung von Pausen in Arbeitsunterbrechungen, die die SBB nicht mit dem ZPV vereinbart hat, wie es das AZG verlangen würde. Ebenfalls im Widerspruch zu den Vorgaben steht für den ZPV, dass die Tätigkeit als Aufsicht, also in der Kundenlenkung, nicht den BAR unterstellt sein soll, die eigentlich generell fürs Zugpersonal vereinbart sind, unabhängig von dessen Einsatzort.

Längst ein Dauerbrenner ist die Frage der Doppelbegleitungen, sowohl auf langen, gut besetzten Zügen als auch insbesondere nach 22 Uhr. Der ZPV stellt den Betroffenen eine Meldemöglichkeit per QR-Code zur Verfügung, um so zu einer möglichst vollständigen Übersicht zu gelangen, mit der er dann gegenüber der SBB argumentieren kann.

Sicherheit kommt zuerst

Schliesslich sprach Kessler über die Petition von Pro Velo gegen die Reservationspflicht für Velos in IC-Zügen. «Es läuft nicht ganz, wie es sollte, aber sicher besser als ohne Reservationen», hielt Kessler fest. Entsprechend gingen die Wogen hoch, als der Gastreferent Renato Fasciati, Direktor RhB, erklärte: «Wir versuchen immer alle Velos mitzunehmen, auch wenn dann vielleicht eines in einem 1.-Klass-Abteil steht.» Das Thema beschäftigt das Zugpersonal offensichtlich, und die Meinungen gehen auseinander. Ein Delegierter wies darauf hin, dass die velofreundliche Haltung der RhB in den Zügen ab Chur in Richtung Zürich zu vielen Konflikten führe. Wer keinen Platz im IC reservieren konnte, weiche auf den IR aus, und dort sei der Platz zu eng. Fasciati setzte sich für eine kundenfreundliche Haltung ein – was die Delegierten durchaus teilten. Auf die Frage, ob er einen Mitarbeiter decke, der aus Sicherheitsgründen einen Zug nicht fahren lasse, weil Velos oder andere Hindernisse die Durch- und Ausgänge behinderten, antwortete er: «Selbstverständlich, die Sicherheit kommt immer zuerst.»

Fasciati erläuterte in seinem Referat die Ausbaupläne der RhB, die auch zusätzliche Stellen beim Zugpersonal bringen, insbesondere mit dem bevorstehenden Halbstundentakt. Die anwesenden RhB-Mitarbeiter kritisierten allerdings, dass auch die RhB spätabends keine Doppelbegleitung vorsieht und sogar touristische Züge abschnittsweise unbegleitet führt.

Susanne Kratzer neue Zentralsekretärin

Bei den internen Themen stach die Wahl der neuen Zentralsekretärin heraus. Zwei Frauen kandidierten; die Präsidentin der ZPV-Sektion Luzern, Susanne Kratzer, setzte sich schon im ersten Wahlgang deutlich durch. «Ich habe wirklich grosse Lust auf diese Aufgabe, auch wenn sie neben dem Sektionspräsidium nochmals viel Arbeit bringt», hielt sie strahlend fest.

Zentralpräsident Ralph Kessler bedankte sich bei seinem Vizepräsidenten und Tagespräsidenten Jordi D'Alessandro sowie Sektionspräsident Anthony Rizzo für die grosse Arbeit beim Aufbau der Sektion Genf, die bereits rund 130 Mitglieder zählt. Auch für die Mitglieder in Lausanne und Sion müssten Lösungen gefunden werden, denn Grabenkämpfe würden der gewerkschaftlichen Sache nur schaden, hielt Kessler fest.

Verabschiedet wurde GPK-Präsident Daniel Oderbolz, der statutengemäss nach vier Jahren ausschied. Neu in die GPK gewählt wurde Sara Eigenmann vom ZPV Romanshorn, sowie neu als Ersatzmitglied Franco Andreazzi vom ZPV Samedan.

Zudem wurden Lorenza Keller, Basel, Anthony Rizzo, Genf, und Emiliano Bettega, Ticino, für ihre jeweilige Sprachregion als Ersatzdelegierte der GAV-Konferenz gewählt.

Alle Anträge angenommen

Schliesslich stimmte die Versammlung vier Anträgen zu: Die Rotationen sollen künftig erst gewählt werden, wenn die Touren bekannt sind; die Entschädigung des/der Werbeverantwortlichen soll im Reglement des ZPV verankert werden; wenn Touren unterjährig definitiv geändert werden, soll dies dem Personal schriftlich mitgeteilt werden; und die Tourenplanung soll so angepasst werden, dass Einzelfreitage nicht mehr vorkommen, dies mit einer Verlängerung der technischen Arbeitszeit auf 8h18 pro Tag, was drei zusätzliche Freitage bringen würde.

Text Peter Moor